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  • Pressestimme – Neues aus der Heimatforschung

    Pressestimme – Neues aus der Heimatforschung

    Neues aus der Heimatforschung

    Sammelband 8 der Butzbacher Geschichts-Blätter mit 55 Beiträgen erschienen

    Butzbach. Band 8 der Butzbacher Geschichts-Blätter ist erschienen. Er versammelt 55 Beiträge von Heimatforschern zur Historie von Stadt und Umgebung. Herausgeber ist der Geschichtsverein Butzbach und Umgebung.
    Wer sich über das »Verstummen der Zeitzeugen« 80 Jahre nach Kriegsende beklagt, wird ab Seite 61 von dem heute über 90-jährigen Ebersgönser Pädagogen Otto Hedrich eines Besseren belehrt, der unter dem Titel »Der erste Bombenabwurf auf Butzbach am 26. November 1944« über den Überlebenskampf seiner Familie in der Kriegs- und Nachkriegszeit berichtet.
    Bodo Heil schreibt über das im Butzbacher Landgrafenschloss bestehende »I.R.O. Resettlement Center«, wo vom August 1947 bis 1950 eine »moderne Völkerwanderung« stattfand und monatlich bis zu 6000 DPs durch das Butzbacher Lager zur Auswanderung nach Übersee durchgeschleust wurden (S. 9 bis 12). Weiterhin hat er die BZ des Jahres 1923 ausgewertet und beschreibt das Leben der Butzbacher in diesem Jahr der Hyperinflation (S. 133 bis 136). Wer sich für weitere Ereignisse in der Weimarer Republik interessiert, zum Beispiel den Generalstreik im Juni 1922 in Butzbach zur Rettung der Republik und zeigen der Hakenkreuzfahne auf dem Marktplatz bereits im Juni 1923, wird ab Seite 193 fündig.

    Dagmar Storck berichtet engagiert und ausführlich über die im 19. Jahrhundert überregional bekannte Butzbacher Dichterin Pilgram-Diehl (1816 bis 1875), Tochter des Butzbacher Stadtphysikus und Ehrenbürgers Dr. Pilgram und Gattin des Kreisarztes Dr. Diehl. Ihre Gedichte wurden vielfach veröffentlicht und von namhaften Komponisten vertont, wie die Autorin nachweist. Der Brockhaus-Verlag urteilt im Jahr 1861 über diese erste Butzbacher »Emanze« mit einem erstmals in Butzbach angenommenen Doppelnamen (Pilgram-Diehl): »Diese Gedichte, obgleich von einer Dame, sind recht gut…“. Eine Abbildung ihres (noch erhaltenen) Grabsteines in Form eines steinernen Ruhekissens mit Dichterkrone und Namensunterschrift »Margaretha Pilgram« ist beigefügt (ab S. 81 und 89).
    Elisabeth Harder berichtet über die Baugeschichte der Butzbacher Michaeliskapelle (S. 97 bis 104) und deren noch erhaltene mittelalterliche Fresken (S. 137 bis 144).
    Günter Bidmon ist mit vier Beiträgen vertreten. Er beschreibt unter anderem die Anfänge der Butzbacher katholischen Kirchengemeinde samt dem aufopferungsvollen Einsatz dieser ehemals relativ kleinen Gemeinde beim Bau der Sankt-Joseph-Kirche (heute Friedhofskapelle) und der Sankt-Gottfried-Kirche, die aus Sandsteinquadern des Steinbruchs »Rockenberger Hölle« erbaut worden sei. Ferner hat er neue Erkenntnisse über die im Jahr 1626 von Landgraf Philipp über dem Dorf Münster erbaute Fluchtburg gebracht.
    Dr. Dieter Wolf hat eine bisher unveröffentlichte »Geleitskarte« aus dem Jahr 1679 beschrieben, auf der von Frankfurt bis Butzbach alle wichtigen Straßen und Ortschaften skizzenhaft eingezeichnet sind (S. 43 bis 44). Zusammen mit dem Hoch-Weiseler Ortshistoriker Gerd Becker hat er »Neues zur Hoch-Weiseler Synagoge« gebracht. Unter dem bescheidenen Titel verbirgt sich eine umfassende Geschichte der Hoch-Weiseler Juden seit den Anfängen (S. 37 bis 42).
    Der Hüttenberger Genealoge Peter Ramge hat das Leben des am 17. Juli 1726 in Butzbach geborenen Leopold Heinrich Pfeil ausführlich beschrieben. Er war Französischlehrer von Goethe und dessen Schwester Cornelia und durch Heirat dessen Verwandter. Sein Vater war in Butzbach Koch bei Prinz Heinrich »dem Eroberer von Gibraltar« und seine Mutter eine getaufte Jüdin, die bei der Taufe den neuen Namen »Gotthold« erhalten hatte – nach dem Butzbacher Kirchenbuch hieß sie aber »Christ« (S. 30 bis 36).

    Antje Sauerbier schreibt kenntnisreich über die Butzbacher Gebietsreform, Altstadtsanierung und das »Leben mit der US-Army 1945 bis 1991/1997«.
    Manfred Breitmoser ist mit drei Beiträgen über Rockenberg vertreten. Die verstorbene Historikerin Gail Schunk hatte Beiträge über Butzbach, Münster, Griedel und NiederWeisel verfasst, was beweist, dass die gebürtige US-Amerikanerin eine echte Heimat in der Wetterau gefunden hatte.
    Da der Geschichtsverein für Butzbach und Umgebung dieses Jahr sein 125-jähriges Bestehen begeht, sind diesem Band die Namen der seitherigen 18 Vorsitzenden vorangestellt, die allesamt herausragende sozialaktive Persönlichkeiten waren, darunter drei Butzbacher Ehrenbürger, zwei mit dem Bundesverdienstkreuz und einer mit dem Landesehrenbrief ausgezeichnet.
    Der farbig illustrierte Band kann ab sofort in der Buchhandlung Bindernagel oder dem Butzbacher Museum zum Preis von 20 Euro erworben werden.

    Hubert Meyer (Vorsitzender) und Bodo Heil (Schriftführer) präsentieren den im Jubiläumsjahr des Geschichtsvereins erschienenen Geschichtsblätter-Band 8. FOTO: PM

    Nr. 97 | Samstag, 26. April 2025

    Bodo Heil

  • Vor 80 Jahren kam die Befreiung

    Vor 80 Jahren kam die Befreiung

    Amerikaner besetzten Butzbach im März 1945

    Antje Sauerbier, Autorin des Rossbornverlages und Referentin

    Pünktlich zum achtzigsten Jahrestag der Einnahme und Besetzung von Butzbach
    durch die amerikanische Armee am 29. März 1945 erscheint das neueste Werk der
    Heimat- und Geschichtsforscherin Antje Sauerbier mit dem Titel „Butzbach und die
    US-Army – 1945 bis 1991/1997“. Es wird wieder vorgestellt im Rahmen einer
    Veranstaltung des Geschichtsverein Butzbach und Umgebung e.V. am Freitag, den
    28.(!) März 2025 um 19.00 Uhr im Gemeindesaal der St. Gottfriedgemeinde in der
    Straße Am Bollwerk 15, 35510 Butzbach.
    Es ist das vierte Buch von Antje Sauerbier, die seit rund 30 Jahren mit Kultur-, Stadt-
    und Regionalgeschichte befasst, in der Reihe über die jüngere Stadtgeschichte von
    Butzbach. Nach ihren Publikationen „Eine Kleinstadt zwischen Panzern und
    Petticoats“ und „Hippies, Hochhäuser, Hausberg-Radar!“ und „Reformen, Randale &
    Altstadt-Report“, trägt das neueste Werk den Titel „Butzbach und die US-Army. 1945
    bis 1991/1997. Zwischen Besatzungsmacht, Schutzmacht und amerikanischem
    Kulturimperialismus“
    In diesem wieder sorgfältig recherchierten und mit zahlreichen Bildern ausgestatteten
    neuen Werk lässt die Autorin diesmal eine Reihe von alteingesessenen Bürgern zu
    Wort kommen und lässt diese selbst erzählen, wie sie und ihre Familien die Zeit ab
    1945 in Butzbach erlebt haben. Für viele Leser wird es eine Zeitreise in ihre
    persönliche Geschichte. Eine Zeit, die oft mit großen Schwierigkeiten verbunden war,
    aber auch
    eine aufregende Zeit mit großen kulturellen Umbrüchen, von denen viele die
    Amerikaner mit sich brachten. Es war die Zeit des Rock´n Roll, die Zeit, in der Elvis in
    Bad Nauheim wohnte und Freunde aus Butzbach hatte und vieles mehr.
    Das Buch soll für die Autorin ein weiterer Anlass für einen Rückblick auf eine
    Freundschaft, in deren Vorgeschichte eine erbitterte Kriegsgegnerschaft steht, gefolgt
    von Kapitulation und Besetzung, schließlich der Bündnispakt, aus dem eine tragfähige
    und vertrauensvolle Verbindung erwachsen ist – das alles aus der Sicht der Kleinstadt
    Butzbach, die über Jahrzehnte amerikanischer Truppenstandort gewesen ist.

    Wie immer sind bei Antje Sauerbier die Interviews eingebettet in einen allgemeinen
    geschichtlichen Kontext. Es beginnt mit einem kurzen Rückblick auf die
    jahrhundertelange Tradition Butzbachs als Garnisonstadt, und setzt sich fort mit einer
    allgemeinen Beschreibung, wie der Alltag in Butzbach mit den amerikanischen
    Soldaten war, deren Stationierung 60 Jahre lang das gesellschaftliche Leben in
    Butzbach prägte.
    Die Amerikaner, die in zwei Kasernen in Butzbach untergebracht waren, bestimmten
    nicht nur durch ihr Auftreten in Bars und Kneipen am „Payday“, mit vielen
    Militärfahrzeugen in der Stadt und Panzer- und Musikparaden das Bild, sondern auch
    die Gespräche über die großen gesellschaftlichen Konflikte der damaligen Zeit, wie
    z.B. der Vietnamkrieg, und den vielen Demonstrationen das Leben in der Stadt.
    Aber mehr noch legt die Autorin Wert auf die Feststellung und die Beschreibung des
    friedlichen Miteinanders und den persönlichen Freundschaften, die entstanden und
    das soziale Engagement und die unkomplizierten Hilfen, die von den amerikanischen
    Soldaten kamen.
    Diese Buchpremiere wird heiter vervollkommt durch einen Auftritt des Sängers und
    Elvis Interpreten Gerd Rapp, der ein kurzes musikalisches Debüt gibt, sowie durch die
    Ausstellung von zwei (Original-) Fahrzeugenaus der damaligen Zeit und durch einige
    Gemälde von Frank Johnson. Serviert werden einige „typische“ amerikanische
    Getränke, die auch hier Anklang gefunden haben (…) und weiteren kulturellen
    Errungenschaften, die die Amerikaner in den die 60er Jahren nach Butzbach gebracht
    haben. Der Eintritt ist frei, der Platz ist begrenzt, ein Buchkauf und Autogramme von
    allen Künstlern sind möglich, und Spenden werden wie immer dankbar
    entgegengenommen.

    Uwe Gniffke, Amerikafan

    Gerd Rapp, Elvis Interpret

  • Butzbach zwischen Besatzung, Schutzmacht und amerikanischem Kulturimperalismus

    Butzbach zwischen Besatzung, Schutzmacht und amerikanischem Kulturimperalismus

    Der Geschichtsverein für Butzbach und Umgebung e.V. lud zu einem weiteren spannenden Vortrag am 12. Juni 2024 um 19.00 Uhr in das Katholische Gemeindehaus St. Gottfried in Butzbach (35510 Butzbach, Am Bollwerk 25) ein.

    Referentin war die Kulturwissenschaftlerin und Historikerin Autorin Antje Sauerbier.

    Thema war die Zeit der Stationierung der amerikanischen Soldaten in Butzbach.

    Untermalt mit vielen dokumentarischen Fotos und Momentaufnahmen ließ sie die 6 Jahrzehnte lange Epoche und das Zusammenleben mit den in der Butzbacher Schlosskaserne und der Ayers-Kaserne stationierten „Amis“ wieder wachwerden.

    In der Rückschau wird dieser Ausschnitt der Butzbacher Vergangenheit oft reduziert auf das Kneipenleben am „Payday“, mit „leichten Mädchen“ und übermütigen Soldaten, die die (damals) zahlreichen Gaststätten aufmischten und die Taxifahrer auf Trab hielten. Oder auch auf eine schlagfreudige MP, die schonungslos den Knüppel einsetzte und erst dann fragte, was eigentlich los ist.

    Davon berichten Zeitzeugen meist als erstes, wenn man sie auf ihre Erinnerungen anspricht, schmunzelnd und mit einem Augenzwinkern.

    Dass der Einfluss der amerikanischen Kasernen und Soldaten auf Butzbach groß gewesen sein muss zeigt auch ein Vergleich der reinen Anzahl der Letzen, auf ungefähr 10 000 Butzbacher kommen je nach Schätzung sechs bis zehn Tausend Soldaten, auch wenn die genaue Anzahl stets geheim gehalten wurde und wohl stark schwangte. Erschwerend für das harmonische Stadtleben war außerdem die demographische Zusammensetzung dieser Soldaten, ausschließlich junge Männer, die meisten ohne Familie und Kinder, nicht wenige für die die US Army die letzte und einzige Option und in ihrem Heimatland eine schwierige Existenz führten.

    Aber das Leben mit den Amerikanern hatte weitaus mehr Facetten und beinhaltete Höhen und Tiefen. Stichwort: Exerzierplatz und Manöver, US-Schießstand, Radar-Station auf dem Hausberg, Proteste gegen US-Politik und Stationierung von Atomwaffen auf deutschem Boden, Terror gegen US-Einrichtungen und GIs, sexuelle Übergriffe und kriminelle Vergehen durch Truppenangehörige, Umweltverschmutzung u.v.a.

    Während mit Beginn der Besatzung im Frühjahr 1945 noch die „No Fraternization“ Regel den Umgang zwischen amerikanischen Soldaten und deutschen Zivilisten begrenzen, zeigte sich US-Präsident Eisenhower bereits im Sommer gnädig und verspricht den Deutschen, ihr Leben auf demokratischer Grundlage wiederaufzubauen.

    Nach ihrem Einmarsch übernehmen die Amerikaner nach und nach die Schlosskaserne, die alte Schrenzerkaserne und konfiszieren hundert, zumeist vornehm eingerichtete Häuser der Bevölkerung die diese erst 1955 vollends zurück bekamen.

    Neben diesen konfliktbeladenen Aspekten gibt es das einträchtige Miteinander, das soziale Engagement der Soldaten und die unkomplizierte und pragmatische Unterstützung durch die Militärs bei vielen Angelegenheiten im Alltag. Die Erinnerung an die vielen kleinen Kulturgüter, die bald auch zu unseren Kulturgütern geworden sind. Die wirtschaftliche Bedeutung und die Kaufkraft der tausenden Amerikaner, die persönlichen Freundschaften und oft der Bund fürs Leben, um nach Amerika zu kommen. Völkerfreundschaft und die Verbundenheit durch gemeinsame Werte, das Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung, den beiderseitigen Zusammenhalt in Krisensituationen, NATO-Bündnis und die USA als Garant für Frieden und Freiheit in der westlichen Welt.

    All dies lässt sich am Beispiel Butzbachs idealtypisch nachvollziehen. In ihrem sehr kurzweiligen Vortrag hielt Antje Sauerbier einen fairen und zugleich kritischen Rückblick in Wort und Bild auf diese hochspannende und rund 60 Jahre währende Episode der Butzbacher Stadtgeschichte.

    Antje Sauerbiers Klein(st)-Verlag Rossborn Verlag für Belletristik und Sachbücher über die 40er bis 70er Jahre in Butzbach kann man über www.rossbornverlag-grüeninger.de finden. Dort vertreibt sie unter ihrem Pseudonym Ingeborg Rauch die Kriminalromane über den fiktiven Kriminalkommissar „Emil Grüninger“ und dessen  Fälle im Jahr 1962, die reale Ereignisse und kleine Anekdoten vermischt zu einer kurzweiligen und spannenden Geschichtsstunde über das Butzbach der 50er und 60er Jahre. Die Sachbücher „Eine Kleinstadt zwischen Panzern und Petticoats“ über den Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg und das „Wirtschaftswunder“, „Hippies, Hochhäuser und Hausberg-Radar“ über den aus der wirtschaftlichen Stärke hervorgehenden Optimismus und wiedererlangtes Selbstwertgefühl im Spannungsfeld der gesellschaftlichen Liberalisierung und ihren Konflikten und „Reformen, Randale & Altstadt-Report“ das sich um die progressiven 70er dreht.

  • Zweiter Geschichtstag 2022 in Nieder-Weisel

    Interessante Vorträge zur Geschichte von Nieder-Weisel, der Komturkirche und den Johannitern

    Nieder-Weisel (amh) Zahlreich Gäste folgten der Einladung des Ortsbeirat Nieder-Weisel und des Geschichtsverein Butzbach und Umgebung e.V., die am vergangenen Sonntag in die Komturkirche zu Nieder-Weisel zu zwei Geschichts-Vorträgen einluden.


    Nachdem Andreas Möller-Hollwig die Besucher, im Namen des Ortsbeirat Nieder-Weisel, in der gut gefüllten Komturkirche willkommen geheißen hatte und sich bei den Vortragenden Gail Funk und Alfred Zitzwarek sowie bei Juan Carlos Amestoy dem begleitenden Musiker herzlich dafür dankte, dass sie diesen Nachmittag für die Nieder-Weiseler Bevölkerung und allen anderen Interessierten gestalten würden, übergab er das Wort an Hubert Meyer den ersten Vorsitzenden des Geschichtsverein Butzbach und Umgebung e.V.

    Meyer dieser freute sich über die vielen interessierten Gäste, unter denen sich auch anderem auch Bürgermeister Michael Merle und Museumsdirektor a.d. Dieter Wolf befanden. In seinem Grußwort erläuterte Meyer, dass es seit jeher üblich sei zu einem Jubiläum, ganz gleich ob in der Familie oder unter Freunden Geschenke zu überreichen.

    Und das gelte für Ihn im besonderen, zu einem 1250 jährigen Jubiläum. Und so habe der Geschichtsverein sich dazu entschlossen Nieder-Weisel auch ein Geschenk zu machen, nämlich diesen diesen Geschichtstag zu schenken.

    Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Juan Carlos Amestoy aus Montevideo in Uruguay, einem Meister der klassischen Gitarre.

    Der Musiker unterrichtet in Frankfurt am Main und gibt hier und in der Umgebung regelmäßig Konzerte. Bereits im Alter von 9 Jahren begann er mit dem Studium der Gitarre, später beschäftigte er sie mit Instrumentaltechnik, Musiktheorie und Harmonielehre. 1991 kam er dann nach Deutschland wo er in der Musikhochschule Hamburg bei Professor Eike Funk sein Diplom und Konzertexamen für Gitarre mit Auszeichnung erwarb. Der Musiker gewann zahlreiche Preise besonders auch für seine barocke Musik mit der er die Gäste des Geschichtstages begeisterte.

    Gail Schunk, die in Griedel beheimatete Historikerin, erläuterte in ihrem Vortrag die Geschichte von Nieder-Weisel, von der Entstehung bis ins Mittelalter. Sie schilderte eine wechselhafte Geschichte mit unterschiedlichen Zugehörigkeiten der früher als Weiseler Mark bekannten Umgebung. Schunk erläuterte die wechselnden Zugehörigkeiten zu den verschiedenen Herrscherhäusern in den vergangenen über 1250 Jahren. Sie beschrieb bildhaft wie Nieder-Weisel in den letzten Jahrhunderten entstanden ist und in welcher Reihenfolge die Gebäude vermutlich entstanden. Der älteste Teil des heutigen Nieder- Weisel z.B umfasste das Gebiet der Kirche bis zur Weingartenstraße. Ursprünglich sei die Weingartenstraße ein Graben gewesen und manche Anwohner hätten an der Böschung zum Graben früher tatsächlich Weintrauben angebaut, denn im Graben sei Wasser geflossen. Am Westende der Straße habe ein Teich gelegen, eine Ölmühle und eine Ziegelei. Der Bereich Domgasse sei eine erste Erweiterung des ursprünglichen Dorfes gewesen. „Dom“ komme vom lateinischen „domus“ und bedeute Haus. So verstand es Gail Schunk den Zuhörenden in der Komturkirche ein lebendiges Bild von der Entstehung Nieder-Weisels zu vermitteln und im Anschluss an ihren Vortrag musste sie noch die eine oder andere Frage beantworten.

    Nach einem weiteren musikalischen Zwischenstück von Juan Carlos Amestoy betrat Alfred Zitzwarek das Podium und erläuterte in seinem kurzweiligen Vortrag die Geschichte der Komturkirche und die Geschichte der Johanniter im Laufe der Jahrhunderte. Der Johanniterorden so Zitzwarek sei in Jerusalem entstanden, als im ersten Kreuzzug 1099, zur Befreiung der heiligen Städten, Jerusalem erobert wurde, hätte in der Stadt eine Pilgerherberge in der auch krank gepflegt wurden bestanden. Diese Bruderschaft wurde nach ihrem Schutzpatron „Johannes der Täufer“ „Johanniter“ genannt, 1113 habe die Hospital-Gemeinschaft vom Papst die Bestätigung als Orden erhalten so dass man nun offiziell hätte Land erwerben können, Schenkungen annehmen und Filial-Hospitäler hätte gründen können. Bereits um das Jahr 1195 wäre dann in Nieder-Weisel durch eine Bauhütte der Wormser Dombauschule mit dem Bau der Komturkirche begonnen worden. So entstand die über 28 m lange, 15 m breite und 7 m hohe zweigeschossige romanische Doppelkirche. Im Laufe der Jahre erlebte die Komturkirche eine wechselhafte Geschichte vom Gotteshaus mit Krankenstation, betrieben durch die Johanniter, über die Auflösung der Komturei durch Napoleon, die Übergabe an mehrere neuen Besitzer wie Landgraf von Hessen Darmstadt der die Komturei wieder an einem Baron Freihorn von Wiesenhütten verkaufte welcher aus der Komturkirche für 50 Jahre einen Kuhstall machte, bevor sie dann, nach weiteren Episoden, 1968 wieder in den Besitz des Johanniterorden überging. Bereits ein Jahr später kauften die Johanniter das Herrenhaus aus Privatbesitz dazu und begannen nun den alten Gedanken „Krankenpflege“ wieder zu verwirklichen. Das dort entstandene Nieder-Weiseler Johanniter-Krankenhaus wurde bis 1973 betrieben. Später wurde das Krankenhaus zum Hotel. Die neu errichteten Einrichtungen dienen heute der Schulung der Johanniter Unfallhilfe, die ca. 16.000 hauptamtliche und 1,2 Millionen ehrenamtliche Mitglieder habe, so Zitzwarek.

    Nach dem Vorträgen gab es vor der Komturkirche noch Gelegenheit weitergehende Fragen zu stellen, Alfred Zitzwarek führte interessierte Besucher auch noch in und um die Gebäude und erklärte noch einige Besonderheiten, während andere Besucher dankend das Angebot annahmen sich bei einem Gläschen Wein und angebotenen Knabbereien, noch zu dem ein oder anderen angesprochenen Thema weiter zu unterhalten.

    Juan Carlos Amestoy
    Gail Schunk
    Alfred
Zitzwarek
    Alfred Zitzwarek
    (v.l.n.r) Gail Schunk, Juan Carlos Amestoy, Hubert Meyer, Alfred Zitzwarek
    Komturkirche Nieder-Weisel
    Intermezzo von Juan Carlos Amestoy

    Bilder und Text: amh

  • Die Entstehung der Wizelere Marca

    Die Entstehung der Wizelere Marca

    Erster Tag der Geschichte in Nieder Weisel war ein großer Erfolg

    Trotz des sich schon ankündigenden schlechten Wetters hielt es am vergangenen Sonntag niemanden davon ab zu einem Geschichtsvortrag über Nieder Weisel in die altehrwürdige Pfarrkirche mit ihrem Wehrturm aus dem 12. Jahrhundert und ihrem reich verzierten Innenraum aus dem 16. Jahrhundert zu kommen und am anschließenden Rundgang teilzunehmen. Weit über 40 Besucher fanden den Weg zum Vortragsort.

    Der Ortsbeirat Nieder Weisel und der Geschichtsverein Butzbach und Umgebung e.V. hatten zu einem Vortrag über die Entstehung von Nieder Weisel in die evangelische Pfarrkirche eingeladen.

    Nach einem ersten musikalischen Entrée durch Dorothée Hildebrand und David Göbler begrüßte der Ortsvorsteher Bernd Winter herzlich und humorvoll die Gäste im Namen des Ortsbeirates Nieder Weisel mit Stefan Zimmer und Sascha Huber und freute sich über das große Interesse, dass ein geschichtlicher Vortrag hier gefunden hatte. Der Vortrag, dem noch weitere folgen sollen, habe seinen Rahmen in den 1250- Jahr Feierlichkeiten von Nieder Weisel. Es folgte ein längeres Stück von Henry Purcell für Orgel und Trompete, das in der Kirche einen wunderbaren Klang entfaltete.

    Vom Geschichtsverein Butzbach und Umgebung e.V., der diesen Geschichtstag erarbeitet hatte, begrüßte der Vorsitzende Hubert Meyer die Anwesenden und dankte allen Mitwirkenden für ihre große Arbeit und Teilnahme hieran und auch der Kirchengemeinde in Nieder Weisel ! Für den Geschichtsverein ist dieser Vortrag die Fortsetzung der Reihe „Lebendige Geschichte in den Dörfern Butzbachs“

    Die Historikerin Gail Schunk hielt einen Vortrag, wie man ihn nur nach langen Erfahrungen mit Grabungen und intensiven Literaturstudium durchführen kann. Es ist ein stetes Anliegen von Frau Schunk, die Geschichte so lebendig zu zeichnen, dass ein Bild vor dem inneren Auge des Betrachters bezüglich der Landschaft und der Alltagssituation der Leute entsteht.

    So war es auch hier:  Die „Wizelere Marca“ war im 3. Jahrhundert ein nur ungefähr definierter, mit viel Wald durchsetzter und schwach besiedelter Landstrich zwischen (mit heutigen Namen: ) Butzbach, Oppershofen (damals: Crüftel), Rockenberg, Ober Mörlen, der Taunus-Gebirgsrand und Hausen. Daher bezeichnen die ersten Urkunden von Nieder Weisel („Wizelare“) nicht als „Dorf“ oder „Siedlung“, sondern als „Landschaftsgebiet“ (= „Marca“). Die „Wizelere Marca“ war also bis in das 7. Und 8. Jahrhundert hinein das „Grenzland“ hinter dem damaligen Butzbach, eine riesige Fläche, durchsetzt von kleinen Siedlungen und Einzelgehöften. 

    Der Historiker Wilhelm Braun vermutet, dass der Name „Weisel“ von „Wizelere“ = „Weißbach“ herrührt, von den weißtonhaltigen Böden im Bereich Nieder Weisels.

    Im heutigen Butzbach siedelten sich die Nachfahren der Römer zuerst an. Für die Zeit um 233-260 n. Chr. Ist das nachgewiesen. Sie waren Nachfahren von Germanenstämmen. Die römischen Kastelle wurden zunehmend vernachlässigt und lösten sich dann ab dem 4. Jahrhundert endgültig auf.

    Die Alemannen kamen im 3. Jahrhundert zuerst und siedelten im Bereich des heutigen Nieder Weisels im Bereich in „In den Herrengärten“ und um den „Tennisplatz“ herum an. Ein recht großes Dorf entstand. Ein herrschaftlicher Hof und weitere Gehöfte sind nachgewiesen worden.

    Die Franken kamen etwa 300 Jahre später und siedelten sich im und um den heutigen Dorfkern Nieder Weisels herum (Ev. Pfarrkirche, Domgasse, etc.) an. Da das 6. Und 7. Jahrhundert ein regenreiches Jahrhundert war, bevorzugten sie höhergelegene Siedlungsplätze.

    Nach und nach schälten sich die einzelnen Siedlungsorte im Bereich der „Wizelere Marca“ heraus und es entstanden die Orte bzw. Siedlungen „Fauerbach“, „Ostheim“, Münster, Bornhofen, Rödelheim, Westhausen, Reidelhofen, Hausen, Hochweisel und das heutige Nieder Weisel selbst (Maibach, Bodenrod und Weipersfelden entstanden erst einige Jahrhunderte später). Nur ein Teil dieser genannten Orte existiert heute noch.

    Alle unsere Kenntnisse über die Existenz dieser Orte haben wir aus Urkunden des Klosters Lorsch, das 764 n. Chr. gegründet worden ist: In Urkunden wurden hier Herrschaftsgebiete festgestellt und Schenkungen (bzw. Übertragungen) festgehalten.

    Im späten 8. und frühen 9. Jahrhundert wurde die „Wizelere Marca“ allmählich geteilt und ein Hoch Weiseler und ein Nieder Weiseler Markungsgebiet entstanden: Aus „Schenkungsurkunden“ des Klosters Lorsch geht hervor, dass (nach Abtrennung des Ortes „Hausen“ im 7. Jahrhundert) zu der Hochweiseler Mark gehörten: Münster, Fauerbach, Felbach, Ostheim, Bornhofen, und Hoch Weisel selbst. 

    Zur Nieder Weisler Mark gehörten nun die Orte Rödelheim, Westhausen, Hausen, Riedelhofen und das heutige Nieder Weisel selbst.

    Durch eine „Schenkungsurkunde“ aus dem Jahre 844 im Kloster Lorsch wurde „im Dorf Wizelare“ beschrieben, eine herrschaftliche Hofstätte mit allen darauf errichteten Bauwerken, zwölf Hörigen Hofstätten und ebenso vielen Hofreiten, Wiesen mit einem Ertrag von 50 Fuder Heu und 22 Leibeigene. Damit ist für die Historikerin Schunk der Status von Nieder Weisel als eine dauerhafte, beständige Siedlung endgültig festgestellt. Die erste Steinkirche wurde um 700 errichtet. Skelettfunde gibt es aus dem 5. Jahrhundert.

    Ausführlich ging Frau Schunk auch die Wasserversorgung und ihre Bedeutung für die Siedlungs-gründung und -entwicklung ein: In Urkunden des Klosters Lorsch ist daher zu lesen, dass auch Wasserplätze, Teiche und Flußläufe „verschenkt“ wurden.

    Im Epilog ihres Vortrages stellte Frau Schunk zusammenfassend fest: Die damaligen Siedler, die nach „Nieder Weisel“ kamen, waren siedlungstechnisch gesehen spät dran und mussten sich mit „Restflächen“ im „Grenzland“ zufriedengeben. Denn das Dorf Butzbach und auch das Dorf Crüftel (zwischen Oppershofen und Rockenberg gelegen) existierten damals schon seit drei Jahrhunderten und beanspruchten Flächen. Ständig kam es zu Grenzstreitigkeiten, insbesondere mit Crüftel. Die neuen Siedler mussten also ihre „Claims“ erst erkämpfen. Aber die Nieder Weiseler setzten sich durch.

    Die Vorsitzenden des Geschichtsvereins und des Ortsbeirates dankten der Referentin mit einem Präsent und einem Blumenstrauß und nach einer kurzen, durch den Ortsbeirat gesponserten Erfrischungspause ging es weiter mit dem zweiten Teil, dem von Helmut Hiltscher und Alfred Zitzwarek ausgearbeiteten geschichtlichen Rundgang.

    Alfred Zitzwarek begann mit seinem Rundgang auf dem Marktplatz, wo er die historischen Gebäude erläuterte. Der Weg setzte sich fort zum Kirchenhinterhof, dem ältesten Bereich Nieder Weisels. Über die Butzbacherstraße, vorbei am ehemaligen „Adelshof“ ( = heute: Edelhof), dem ehemaligen Amtshof, durch die Domgasse zur Weingartenstraße und zum Judenfriedhof, zurück über die Hintergasse und Brunnengasse zum Marktplatz.

    Dank der informationsreichen und unterhaltsamen Erzählweise von A. Zitzwarek blieben trotz Dauerregens nahezu alle bis zum Schluß dabei. Helmut Hiltscher kommentierte den gelungenen Nachmittag mit einem Wort von Gustav Flaubert, „dass die wirklich guten Geschichten immer wieder neu erzählt werden können. Sie langweilen nie“.

    Alle Teilnehmer waren übereinstimmend der Meinung, dass so ein „Geschichtstag“ in Nieder Weisel gefehlt hat. Daher wird es noch bis Ende diesen Jahres in der Komturkirche eine Fortsetzung geben, wieder ein Nachmittag mit einem Fortsetzungsvortrag („Die Entwicklung von Nieder Weisel im Hochmittelalter“) und ein Rundgang durch einen anderen Teil von Nieder Weisel. Der Zeitpunkt wird noch in der Butzbacher Zeitung bekanntgegeben.

    Bilder vom ersten Geschichtstag am 18.09.2022:
    (Von Sascha Huber, Stefan Zimmer und Hubert Meyer)
    Das Arbeitsteam des Geschichtsvereins Butzbach und Umgebung e.V.:
    V.L..: Alfred Zitzwarek, Gail Schunk, Helmut Hiltscher, Hubert Meyer
    Gut besucht war die Kirche
    Der Ortsvorsteher Bernd Winter bedankt sich bei Frau Dorothée Hildebrand und ihren
    Sohn David Göbler. Im Hintergrund historische Karten und Bilder von Reinhard Schaaf.
    Einführende Worte von Alfred Zitzwarek zum Rundgang
    Helmut Hiltscher und Alfred Zitzwarek (Mitte vorne) erzählen informationsreich.
    Auf dem Marktplatz. Der Regen setzte gleich zu Beginn ein. Dennoch blieben die Leute.
    Alfred Zitzwarek